Beim diesjährigen Jazz&Kunst Event am 4. März im Zeughaus in Donauwörth habe ich insgesamt 18 Fotografien ausgestellt. Nachdem ich im vergangenen Jahr an gleicher Stelle nur Schwarzweiß-Fotos präsentierte, die vor allem in der näheren Umgebung rund um Donauwörth entstanden waren, zeigte ich diesmal hauptsächlich Farbfotografien, die ich an unterschiedlichen Abschnitten der französischen Atlantikküste aufgenommen hatte. Die subjektive Gefälligkeit meiner Landschaftsaufnahmen durchbrachen dabei Bilder, die eben nicht „schön“ im landläufigen Sinn sind, sondern einen guten Anteil an Rätselhaftigkeit mitbringen, und die ich gerade darum mit in die Ausstellung hineinnahm. Drei dieser Fotos wurden vom Publikum besonders intensiv diskutiert – und die möchte ich hier zeigen und kurz darauf eingehen.
Kollektiv der Sozialistischen Arbeit
Zum obigen Bild „Kollektiv der Sozialistischen Arbeit“ bin ich während der Ausstellung gefragt worden, ob ich das Foto für meine Aufnahme vorher so drappiert und arrangiert hätte. Das kann ich guten Gewissens verneinen 🙂 Beim Rundgang durch Wismar bin ich auf ein Schaufenster gestoßen, das zu einem unbewohnten, halb heruntergekommenen Haus gehörte, in dem sich anscheinend vormals zu DDR-Zeiten eine Metzgerei befand. Das Motiv lag also wirklich genau so „im Schaufenster“, und ich hab es im Vorbeigehen wahrgenommen und fotografiert. Es ist für mich ein sprechendes Symbol des Abgesangs auf die DDR-Diktatur.
Die Wachsmänner
Dieses rätselhafte, irgendwie auch intime, sensible und stille Motiv habe ich während eines Rundgangs durch das Quartier Latin in Paris entdeckt. Es handelt sich um ein Plakatmotiv, das auf eine Ausstellung von Agnès Baillon in der Galerie Felli hinwies. Baillon ist eine Pariser Bildhauerin, die in Wachs, weißem Harz, aber auch in Pappmachè, Gips zum Teil lebensgroße Figuren erstellt, diese oft zu Gruppen arrangiert. Die Künstlerin versucht mit Ihren rätselhaften Figuren, die eine merkwürdige Stille ausstrahlen, nach eigenen Worten die Schönheit der menschlichen Natur zu kommunizieren und die Haut und die Zerbrechlichkeit des lebenden Körpers zu reproduzieren.
Vermutlich Märtyrer
Das letzte Foto entstand im Benediktinerkloster Metten. Als ich es besuchte, wurden Teile der Kirche gerade restauriert. Im Eingangsbereich der Kirche standen einige Skulpturen herum, die zum Schutz vor Dreck während der Renovierungsarbeiten in große weiße Tücher gewickelt und mit Klebeband fixiert waren.
Das sah im Kontext einer so prächtigen Barockkirche befremdlich, aber eben auch interessant aus. Zumal ja „Verhüllung“ auch in der katholischen Kirche stets einen besonderen Zweck erfüllen kann, etwa in der Fastenzeit, in der oft Altarbilder verhängt werden. „Verhüllung“ durchbricht dabei Sehgewohnheiten und macht neugierig. Es kann „Fasten für die Augen“ sein. Faszinierend hier für mich ist das Schwert, das seltsam aus der Figur herausragt und die verhüllte Erscheinung noch rätselhafter erscheinen lässt. Welcher Heiliger hier dargestellt und verhüllt ist, konnte ich nicht genau ermitteln. Das Attribut „durchbohrt vom Schwert“ deutet wohl auf Maria hin, es kann aber auch der Heilige Bonifatius gemeint sein.
Interessant finde ich, dass in unseren Breitengraden Verhüllung – den Phobien der Zeit folgend – in religiösem Kontext mittlerweile hauptsächlich mit dem radikaleren Islam in Verbindung gebracht und irgendwie bedrohlich und rückwärtsgewandt empfunden wird (Tschador, Burka usw.). Dass auch das Christentum Verhüllung als Zeichen einer bestimmten religiösen Lebenshaltung pflegte und pflegt, z.B. in Ordenstrachten, ist weitgehend aus dem Blick.
Da ich die Mettener Klosterkirche und die Klostergebäude bereits bei anderer Gelegenheit mit meiner Kamera fotografiert hatte, ließ ich sie dieses Mal im Wagen und hatte leider nur meine „Handyknipse“ dabei. Dennoch ist es ein schönes Bild geworden und zeigt: Ausstellungswürdiges bedarf nicht unbedingt eines Kamera-Boliden 😉